Die Waldzustandserhebung zeigt: Unsere Wälder sind krank

Den Wäl­dern in Deutsch­land geht es so schlecht wie schon lan­ge nicht mehr. Der aktu­el­le Wald­zu­stands­be­richt deckt eine Viel­zahl von Pro­ble­men auf.

Deutsch­land ist ein grü­nes Land. Unge­fähr ein Drit­tel sei­nes Ter­ri­to­ri­ums (mehr als 11 Mil­lio­nen Hekt­ar) sind von Wald bedeckt. Der Wald spielt als Lebens­raum, Was­ser­spei­cher, Erho­lungs­ort und Roh­stoff­lie­fe­rant eine wich­ti­ge Rol­le. Daher ist es nur ver­ständ­lich, dass sowohl bei Poli­tik und Wirt­schaft als auch bei der Öffent­lich­keit ein gro­ßes Inter­es­se am Zustand des Wal­des besteht.

Aus die­sem Grund ver­öf­fent­licht das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ernäh­rung und Land­wirt­schaft (BMEL) all­jähr­lich die Wald­zu­stands­er­he­bung oder kurz Wald­zu­stands­be­richt. Die­se Unter­su­chun­gen wer­den seit 1984 all­jähr­lich durchgeführt.

Was wird untersucht?

Bei der Wald­zu­stands­er­he­bung wird der Zustand der Baum­kro­nen beur­teilt. Er stellt einen Indi­ka­tor für die Gesund­heit der Bäu­me dar. Je dich­ter und grü­ner die Baum­kro­nen sind, umso gesün­der sind die Bäu­me. Für den Bericht wer­den ca. 10.000 Bäu­me im gesam­ten Bun­des­ge­biet unter­sucht. Außer in den Stadt­staa­ten Bre­men und Ham­burg wur­den die Unter­su­chun­gen in allen Bun­des­län­dern durchgeführt.

Die ers­te Wald­zu­stands­er­he­bung 1984 wur­de als Resul­tat des Wald­ster­bens durch­ge­führt, das sei­ner­zeit gro­ße Beach­tung in der Öffent­lich­keit erreg­te. Der Zustand der Baum­kro­nen wird als Kro­nen­ver­lich­tung bezeich­net. Sie wird in 5 Stu­fen eingeteilt:

  • Schad­stu­fe 0 (ohne Schä­den): maxi­mal 10 Pro­zent Kronenverlichtung
  • Schad­stu­fe 1 (leich­te Ver­lich­tung, Warn­stu­fe): 11 – 25 Pro­zent Kronenverlichtung
  • Schad­stu­fe 2 (mit­tel­star­ke Ver­lich­tung): 26 – 60 Pro­zent Kronenverlichtung
  • Schad­stu­fe 3 (star­ke Ver­lich­tung): 61 – 99 Pro­zent Kronenverlichtung
  • Schad­stu­fe 4 (abge­stor­ben): 100 Pro­zent Kronenverlichtung

Was sagt der Waldzustandsbericht 2020 aus?

Die Kern­aus­sa­ge des Berichts ist erschüt­ternd. Dem Wald in Deutsch­land geht es so schlecht wie lan­ge nicht mehr. Der Wald­zu­stands­be­richt 2020 zeigt die zweit schlech­tes­ten Ergeb­nis­se aller Erhebungen.

Ledig­lich 21 Pro­zent aller Bäu­me wei­sen kei­ne Kro­nen­schä­den auf. Das ist der schlech­tes­te Wert aller Erhe­bun­gen. Im Jahr 2019 waren noch 22 Pro­zent der Bäu­me ohne Kro­nen­schä­den. Der Anteil der Bäu­me mit leich­ter Kro­nen­ver­lich­tung blieb unver­än­dert bei 42 Pro­zent. Von mitt­le­rer bis star­ker Kro­nen­ver­lich­tung waren 37 Pro­zent aller Bäu­me betrof­fen. Auf­ge­glie­dert nach den wich­tigs­ten Baum­ar­ten sehen die Ergeb­nis­se so aus:

  • Fich­te: 44 Pro­zent aller Bäu­me zei­gen deut­li­che Kro­nen­ver­lich­tung (2019 36 Prozent)
  • Kie­fer: 26 Pro­zent der Bäu­me zei­gen deut­li­che Kro­nen­ver­lich­tung (kon­stant)
  • Buche: 55 Pro­zent der Bäu­me mit deut­li­cher Kro­nen­ver­lich­tung ( 2019 47 Prozent)
  • Eiche: 38 Pro­zent der Bäu­me haben deut­li­che Kro­nen­ver­lich­tung (2019 50 Prozent)

Ins­ge­samt wur­den bei der Erhe­bung 2020 Daten von 38 Baum­ar­ten erfasst. Die oben auf­ge­führ­ten 4 Baum­ar­ten machen ca. 80 Pro­zent des Baum­be­stands aus.

Warum geht es dem Wald so schlecht?

Für den Zustand des Wal­des sind meh­re­re Fak­to­ren ver­ant­wort­lich. Eini­ge von ihnen kön­nen sich gegen­sei­tig ver­stär­ken, ande­re schwä­chen sich ab. Zu den wich­tigs­ten gehören:

  • Alter der Bäume
  • aktu­el­le und frü­he­re Bewirtschaftung
  • indi­vi­du­el­le Standortbedingungen
  • Anpas­sungs­fä­hig­keit
  • Luft­schad­stof­fe
  • Forst­schäd­lin­ge
  • Wit­te­rung
  • Kli­ma­än­de­run­gen

Für den aktu­ell schlech­ten Zustand der deut­schen Wäl­der sind eben­falls meh­re­re Fak­to­ren ver­ant­wort­lich. Den größ­ten Anteil hat die Dür­re, die bereits seit 2018 herrscht. Beson­ders im Früh­jahr und Som­mer, wäh­rend der Haupt­wachs­tums­zeit, gab es viel zu wenig Regen. Das führ­te dazu, dass vie­le Bäu­me geschwächt wurden.

Einen nega­ti­ven Ein­fluss hat­ten auch die hef­ti­gen Win­ter­stür­me, die in den letz­ten Jah­ren auf­tra­ten. Sie ver­ur­sach­ten enor­me Men­gen an Wind­bruch, bis zu des­sen Räu­mung oft viel Zeit ver­ging. Das über­all her­um­lie­gen­de Tot­holz in Kom­bi­na­ti­on mit dem war­men, tro­cke­nen Wet­ter stel­len idea­le Bedin­gun­gen für Forst­schäd­lin­ge wie den Bor­ken­kä­fer dar.

Die Insek­ten konn­ten sich explo­si­ons­ar­tig ver­meh­ren. Schon bald genüg­te ihnen das abge­stor­be­ne Holz nicht mehr. Sie befie­len leben­de Bäu­me, deren Wider­stands­kraft durch die Tro­cken­heit geschwächt war.

Was führt die Erderwärmung dazu bei?

Einer der wich­tigs­ten Ursa­chen für den schlech­ten Zustand der Wäl­der ist die Erwär­mung des Kli­mas. Sie führt dazu, dass es einer­seits häu­fi­ger zu Dür­re­pe­ri­oden kommt. Ande­rer­seits tre­ten auch Unwet­ter häu­fi­ger auf als früher.

Die durch den Was­ser­man­gel geschwäch­ten Bäu­me fal­len leich­ter Stür­men oder Schnee­mas­sen zum Opfer. Forst­schäd­lin­ge kön­nen sich in den hei­ßen und tro­cke­nen Som­mern stark ver­meh­ren und über­ste­hen die mil­den Win­ter gut. Wind- und Schnee­bruch sor­gen für genü­gend Tot­holz als Nahrungsgrundlage.

Auch die in vie­len Gebie­ten Deutsch­lands noch immer vor­herr­schen­den Mono­kul­tu­ren aus Fich­ten im Süden und Kie­fern im Nor­den begüns­ti­gen Wald­schä­den. Mono­kul­tu­ren sind anfäl­li­ger gegen Schäd­lings­be­fall und gegen Schä­den durch extre­mes Wetter.

Wie kann der Zustand des Waldes verbessert werden?

Das ist eine lang­fris­ti­ge Auf­ga­be, die meh­re­re Genera­tio­nen beschäf­ti­gen wird. Der Kampf gegen die Erd­er­wär­mung packt das Übel bei der Wur­zel. Wenn er gelingt, wird sich auch der Zustand des Wal­des verbessern.

Die Forst­wirt­schaft ver­sucht, gegen den schlech­ten Zustand des Wal­des durch das Pflan­zen von Misch­wald anzu­kämp­fen. Misch­wäl­der sind wider­stands­fä­hi­ger gegen Tro­cken­heit, Hit­ze und Schäd­lin­ge. Das kann aber nur nach und nach im Rah­men von Auf­fors­tun­gen erfolgen.

Der deutsche Wald ist krank!

Das hat der Wald­zu­stands­be­richt 2020 erge­ben. So schlecht wie jetzt ging es dem Wald schon seit Jahr­zehn­ten nicht mehr. Die Haupt­ur­sa­che dafür ist die Erd­er­wär­mung. Kran­ke Wäl­der sind nur eine ihrer zahl­rei­chen nega­ti­ven Folgen.

Die Forst­wirt­schaft kann gegen kran­ke Wäl­der durch Auf­fors­tung mit wider­stands­fä­hi­gen Baum­ar­ten, kon­se­quen­te Bekämp­fung von Forst­schäd­lin­gen und einer scho­nen­den Bewirt­schaf­tung der Wäl­der ankämpfen.

Letzt­end­lich ist aber ent­schei­dend, ob es gelingt, die Erd­er­wär­mung zu stop­pen. Dazu kann jeder Ein­zel­ne sei­nen Bei­trag leisten.

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